"Atemberaubend" -  diese Buchstaben können nicht annähernd in Worte fassen, was ich in Georgien erleben durfte. Sie beschreiben aber einen Zustand, der regelmässig aufgetreten ist. Wenn einem die Luft zum Atmen wegbleibt, weil das Leben gerade so überwältigend ist.

 

Mit Eva, Dato und den georgischen Gebirgspferden haben wir wortwörtlich die Gipfel gestürmt. 6 Tage waren wir im grossen Kaukasusgebirge, ganz nah der russischen Grenze, unterwegs. Von Schatili bis nach Stepanzminda, über 120 Kilometer Richtung Osten. Beinahe 6'000 Höhenmeter haben wir zurückgelegt und dabei die raue, aber wunderschöne Natur geniessen dürfen. Fernab von allem und doch ganz nah bei uns selbst. Wir sind Wege gegangen, die es gar nicht gibt, haben an einem herzförmigen See zu Mittag gegessen und nebst vielen tausend weiteren Eindrücken, jede Nacht unter tausenden von Sternen im Zelt geschlafen, direkt neben den Pferden. So fühlt sich für mich Freiheit an.

 

Vielen Dank liebe Eva für die Möglichkeit, diese Reise mit dir gemeinsam zu erleben 

 

 

Eine Hommage an mein Reitpferd 'Soso' - der "Lustige"

 

Er wurde mir zugeteilt und ich hätte mir keinen besseren Lehrmeister wünschen können für dieses Abenteuer. 

Ausgesucht, nach Bauchgefühl, hätte ich mir das unreitbare Packpferd, welchem nachgesagt wird, den Reiter zuverlässig in die Wade zu beissen und sich keinen Schritt fortzubewegen. Er trägt zuverlässig und sicher das Gepäck, überzeugt weiter mit seiner Souveränität und seinem weisen Blick. Ein ganz besonderes Pferd, welches ebenfalls mein Herz im Sturm erobert hat.

Nur wenige Monate verbringen die Pferde in Gesellschaft der Menschen. Die meiste Zeit leben sie frei und haben daher eine unglaubliche Trittsicherheit. Die Pferde hier galoppieren an Stellen, wo unsere Tiere zuhause nicht einmal im Schritt langgehen würden. 

 

So begann das Abenteuer mit Soso.

Kontrolle abgeben oder sich treiben lassen, das sind sicher nicht meine Stärken. Ich habe gerne alles im Griff und bin gerne informiert. Soso hat sehr schnell gezeigt, auch wenn ich die Zügel in den Händen habe, hier habe ich absolut nichts zu melden. Wir sind hier nicht nur in Georgien, sondern in seinem Zuhause und da gelten andere Gesetze. Die Gesetze der Natur. Er erscheint in einem Moment unnahbar und wild, aber wenig später ist er ganz sanft und sensibel. Die raue Natur zeichnet die Pferde und sie strahlen eine unverkennbare Ruhe aus. 

Je mehr ich versuchte die Kontrolle zu übernehmen, desto wilder wurde er. Galoppieren sollen wir nicht - war die Anweisung von Eva. Wir waren jedoch noch keine 10 Minuten im Sattel, als Soso bereits im Dreitakt unterwegs war. Der Lustige - ja das ist es wirklich! Einmal bin ich fast runtergefallen, als ich versuchte die Regenjacke im Sattel anzuziehen. Alle die mir dabei zugeschaut haben, sind vor Lachen auch fast runtergefallen. Mit Mühe konnte ich die flatternde Jacke ganz nah an meinen Oberkörper drücken und rasch absteigen, um sie anzuziehen. Ansonsten wäre ich wohl im Renngalopp auf und davon gewesen. Soso fand das flatternde 'Ding' nämlich extrem gefährlich. Tag für Tag verbesserte sich unsere Beziehung.

Ob ich hangabwärts, in engen Serpentinen, auf sehr steinigem Geröll galoppieren möchte? Das war keine Frage. Einfach tun und auf die eigenen Fähigkeiten vertrauen, dass ist für die Pferde hier überlebenswichtig. Die Grenzen setzen wir Menschen mit unserem Vorstellungsvermögen.

Soso lernte mich, die Zügel locker zulassen und das Atmen nicht zu vergessen, während er sein Können und seine Erfahrung im Gebirge zum besten gab. Loslassen und annehmen hat er mich gelernt. Vertrauen, Vertrauen in mich, Vertrauen in Unbekanntes oder in der Fremde, Vertrauen in Situationen die mir Angst machen und das aller wichtigste, Vertrauen in das Leben.

Ich wusste, er trägt mich sicher den Berg hoch, genauso wie wir sicher zu Fuss gemeinsam wieder den Berg hinunter gingen. An den gefährlichsten oder unmöglichsten Stellen konnte er entspannt die Hufe anstellen und ruhen bis es weiterging. Da können wir Menschen, noch so viel von den Pferden lernen. Ein wahrer Freigeist dieser Schimmel. Am Ende unserer Reise waren wir so fein in unserer Verbindung, dass ich mit meinem Atem die Schritte verlängern und verkürzen konnte. Bleibt die Frage, ob ich ihm das beigebracht habe oder wohl doch eher er mir? 

 

Didi Madloba  Soso 

 

 

www.wanderreitenumdiewelt.com
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